. .

ORTSGESCHEHEN

Eching kann das!

Eine liebe Freundin aus München hat sich am Wochenende etwas verwundert gezeigt, warum denn nun gar so viel Aufhebens um diese Flüchtlingsaufnahme am Hauptbahnhof gemacht werde; die Ankunft dieser paar Menschen, was sei das schon.
Die provokante Sottise hilft dabei, die regelrechten Rauschzustände dieser Tage etwas zu relativieren. In Relation zu den Einwohnerzahlen von München/Bayern/Deutschland (oder im Vergleich zu den Flüchtlingszahlen, die in Jordanien und im Libanon aufgenommen werden) ist das hiesige Flüchtlingshäuflein verschwindend, das derzeit die Nachrichten und die sozialen Netzwerke dauerokkupiert und schon wieder zum Raunen von "Völkerwanderung" führt und davon, dass jetzt bald dann aber wirklich die Grenze der Belastbarkeit erreicht sei.
 
Für Eching ist die "Völkerwanderung" in ähnlicher Ausprägung. 250 Menschen sollen hier jetzt also Aufnahme finden. Bei einem g'scheiten Jugendturnier der TSV-Kicker kommen mehr Menschen nach Eching, von der "Brass Wiesn" oder den "Tennis Junior Open" des SCE gar nicht zu reden. Der Vergleich ist natürlich in der Konsequenz auch krumm wie fast alle Metaphern in dieser Sache - aber, hey! 250 Leute - was ist das schon?
 
Ganz anders gelagert ist aber die gefühlte Dimension. Spätestens die plötzliche Kehrtwende der Bundeskanzlerin hin zur Geste der offenen Arme bestätigt, dass hier eine große Umwälzung im Gange ist. In einem bis jetzt vielleicht noch nie so erlebten Ausmaß hat die Zivilgesellschaft den politischen Organen das Gesetz des Handelns aufgezwungen. Mit ihrer feinen Witterung für Trendverschiebungen hat die Kanzlerin die Abstimmung der helfenden Hände registriert und ihre Politik danach justiert. Den Bremsern am Wegesrand, die sich am hartleibigsten mal wieder in der bayerischen Staatsregierung halten, wird es vielleicht noch leid tun, diese historische Situation mit Erbsenzählerei und einfach überholten Bedenken verpasst zu haben.
 
Die Bilder, die jetzt vom Münchner Hauptbahnhof aus um die Welt gehen, sind ein Standortmarketing, das zu bezahlen Stadt und Land mehr kosten würde als die Notfallhilfe. Derzeit spielt die Zeitgeschichte gerade eine Bockrunde; es wird doppelt angeschrieben. Schade, wenn man da knausert und zaudert.
 
In Eching kommen jetzt 250 Menschen in Not an. Bei manchem mögen wir den Beweggrund seiner Flucht zwiespältig bewerten, manch einer mag sich Unterstützung erschleichen wollen, es mag vielleicht ein Krimineller mit angespült werden, es mag ein fanatischer Islamist darunter sein - nicht anders wären die Wahrscheinlichkeiten, wenn man 250 Europäer beliebig zusammenwürfeln würde. Aber das braucht uns nicht zu kümmern. Wir können uns wie in unserem restlichen Alltag auch auf unseren Rechtsstaat verlassen, unsere Polizei und unsere Behörden. Auch vor der Ankunft der 250 leben unter den 13.000 Echingern mit statistischer Sicherheit Kriminelle und Sozialbetrüger.
 
Ich bin stolz und es freut mich sehr, dass sich die Echinger Zivilgesellschaft hier auf der echinger-zeitung.de artikuliert. In Eching leben großherzige Menschen, die meisten Echinger können sich ein großes Herz leisten. Wegschauen, wegducken, hinter Kompetenzen verstecken, Bedenken wälzen - all das ist jetzt nicht angesagt.
Anpacken.
Helfen.
Zusammenstehen.
Wir können das!

WetterOnline
Das Wetter für
Eching