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ORTSGESCHEHEN

'Unabhängigkeit von Energie von außen ist keine Utopie'

von Simon Wankner, Ortsvorsitzender der Freien Wählergemeinschaft: 'Unfreiwillig abhängig zu sein, ist normalerweise ein Grund zur Beunruhigung, ist oft sogar richtig unangenehm. Nicht nur wer vergeblich versucht hat, mit dem Rauchen aufzuhören, weiß ein Lied davon zu singen. In der Energieversorgung haben sich die Menschen über die Jahrhunderte immer stärker in Abhängigkeit begeben. War es zunächst einfach nur freiwillig eingegangene Arbeitsteilung, weil nicht jeder selbst sein Brennholz schlagen konnte oder wollte, so wurde durch die Entstehung zentraler Energieversorger - meist als Monopolisten - die Entfremdung und damit auch die unfreiwillige Abhängigkeit Realität. Der Einfluß darauf, woraus die benötigte Energie gewonnen wird und wie viel sie kostet soll, bleibt trotz formaler Öffnungsregelungen des Marktes gering. Wie die gesamte industrialisierte Welt sind wir auch als Individuen in eine fast durchgängige Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen geraten. Die Auswirkungen davon verspürt man überall, erhebliche Anteile privaten Einkommens landen außerhalb unserer Volkswirtschaft, wird ihr also entzogen. Betrachtet man den gegenwärtigen Zustand unserer Volkswirtschaft, liegt der Verdacht nahe, daß wir auf dem Energiesektor in einer Sackgasse stecken. Kernenergie wird nach wie vor nicht beherrscht und sorgt über Jahrhunderttausende für Strahlenbelastung. Fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas führen wegen ihrer nur zentralen Verfügbarkeit in unangenehme Abhängigkeiten und - wie wir zwischenzeitlich wissen - in eine Klimakatastrophe. Was bleibt da noch, um unseren Energiehunger verantwortungsbewußt zu stillen? Die Erde kann wohl ohne zu sehr zu vereinfachen als weitgehend geschlossenes Energiesystem betrachtet werden. Man könnte sie auch als großes, von der Sonne mit Nachschub versorgtes Kraftwerk sehen, das über die aufgefangene Wärme, über die umgesetzte Strahlung (Photosythese) seinen Betrieb unterhält. So lange man sich diesem Prinzip unterordnete, hatte die Erde mit uns Menschen keine Probleme - und umgekehrt. Vor Jahrtausenden schon fingen die Menschen aber an, sich Möglichkeiten zur vermehrten Nutzung der vorgefundenen Energievorräte zu schaffen. Es ist nämlich keineswegs nur der hinlänglich bekannte Mittelmeerraum, der wegen des Verzichts auf Nachhaltigkeit seiner Wälder beraubt wurde. Es gibt viele Hinweise darauf, daß es ursprünglich auf der Erde kaum Wüsten gab. Sie haben sich erst in Folge des Raubbaus an den Wäldern ausgebreitet. Aktuelle Berichte von gerodeten Urwäldern sind also nichts Neues in der Menschheitsgeschichte. Die industrialisierte Welt glaubte eine Möglichkeit zum Stop des Raubbaus gefunden zu haben, indem sie Kohle, Öl und Gas als Energiequelle erschloß. Im Rest der Welt ging die Abholzung weiter und die Zunahme des Energiehungers auch. Zwischenzeitlich glaubte man, mit Hilfe der Atomenergie endgültig jedes Energieproblem gelöst zu haben. Es gibt nicht mehr viele verantwortlich denkende Menschen, denen diese Technik noch geheuer ist. Wann immer wir Menschen zum Betrieb neuer Maschinen oder zur Erhöhung des Komforts zusätzliche Energie brauchten, fand sich jemand, der die Lücke schloß. Auf diese Weise haben wir einen Energievorrat, der sich auf der Erde über Jahrmillionen in Form fossiler Lagerstätten angesammelt hatte, innerhalb von nur knapp 200 Jahren verbraucht. Beruhigt von dem Gedanken, daß immer noch ein Weg gefunden wurde, wenn einer notwendig war, verbrauchen wir weiter die Notgroschen unseres Planeten. So lange dieser ungezügelte Verbrauch keine offensichtlichen Schäden verursachte, war ein anderer Umgang mit Energie nicht notwendig. Nur als unsere Großstädte im Rauch der Kohleöfen zu ersticken drohten, steuerte man um: Man verbrannte von nun an Öl und Gas und hielt dies - nicht ganz zu Unrecht - für Fortschritt. Nun aber, da wir die Erde mit Hilfe unserer Abgase (Treibhausgase) zu einem Glashaus gemacht haben, wird es ernst. Ganze Inseln versinken bereits im Ozean, Volkswirtschaften sind wegen der gehäuften Überschwemmungsschäden gefährdet, es entsteht sogar Gefahr für den Wohlstand der Industrienationen, weil das Mehr an Temperatur in solchen Ausmassen zu einem Mehr an Niederschlagswasser geführt hat, daß wir damit nicht mehr zurecht kommen. Gleichzeitig schmilzt das ewige Eis (Gletscher, Pole), womit unser größter Süßwasserspeicher verloren geht. Es gibt in der Physik eine seit langem bekannte Gesetzmäßigkeit, die grob folgendes besagt: Je mehr Energie man einem System zuführt, um so schwerer ist es beherrschbar, um so stärker fördert man das Chaos, um so näher bringt man es einer Katastrophe. Die vom Menschen herbeigeführte Erderwärmung paßt genau in diese Gesetzmäßigkeit, die durch die Klimaveränderung verstärkt auftretenden Wetterkatastrophen sind nur das erste klar erkennbare Zeichen für den Weg der Erde in Richtung Chaos. Spätestens hier ist es angebracht, zu dem Bild von der Erde als einem von der Sonne betriebenen Kraftwerk zurück zu kehren. Je weiter man in die Betrachtung der natürlichen Regelungssysteme der Erde eindringt - wegen der aktuellen Situation mit der Erderwärmung geschieht dies mehr denn je -, um so klarer wird, daß die Erde eine Menge auszuhalten im Stande ist. Ihr stehen dazu sehr komplexe Systeme zur Verfügung, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Wichtig ist nur, daß diese Systeme zwar reagieren, aber dabei ziemlich träge bleiben. Die von uns verursachte Veränderung hat deshalb eine zu hohe Geschwindigkeit, um die Erde damit ferig werden zu lassen. Deshalb bleibt nur ein Ziel: Zurück mit der Geschwindigkeit und versuchen, mit dem aus zu kommen, was uns die Sonne im Verbund mit der Erde jeweils aktuell liefert. Das Angebot besteht aus dem, was unter dem Begriff nachwachsende Rohstoffe schon bekannt ist. Gegenwärtig ist es so, daß wir weniger als 10 Prozent der verbrauchten Energie aus Quellen beziehen, die die Sonne uns im Verbund mit der Erde liefert. Das ist kein Grund zum Aufgeben, denn Aufgeben würde womöglich Untergang bedeuten. Aber ein Grund zum ernsthaften Nachdenken sollte es schon sein. Unser Einfluß auf die große oder gar globale Welt ist nicht groß. Das ist normal in einer Welt mit mehreren Milliarden Einwohnern. Wir können aber lokal, also bei uns zu Hause, bei uns im Ort, der Gemeinde anfangen, zu unserer Verantwortung zu stehen. Warum hier das Wort Verantwortung? Wir nehmen für uns in Anspruch, jederzeit mit Hilfe von Auto und Flugzeug mobil zu sein, die immer größer werdenden Haushüllen jederzeit optimal gewärmt oder auch gekühlt zu bekommen, von überall her die exotischsten Waren zu niedrigen Preisen angeboten zu erhalten usw.; die Reihe dessen, was wir als angenehm empfinden und mit Hilfe fossiler Energie möglich wird ließe sich noch lange fortführen. Und die Inanspruchnahme all dessen haben wir zu verantworten. Sich dieser Verantwortung zu stellen heißt nicht automatisch, auf die oben erwähnten Ansprüche zu verzichten. Das Kraftwerk Erde stellt uns Energie in solcher Fülle zur Verfügung, daß wir selbst kurzfristig in der Lage wären, erhebliche Anteile fossiler Energieträger zu ersetzen - ohne die Atomkraft zu Hilfe nehmen zu müssen. Im Norden der Bundesrepublik, in der Gemeinde Jünde, schaffte es eine Initiative örtlicher Landwirte, die gesamte Stromversorgung über nachwachsende Rohstoffe sicher zu stellen. Weitere Schritte sollen dort noch folgen. Hier in unserer Gegend sind es ebenfalls die nachwachsenden Rohstoffe, die uns zu einer Energiewende verhelfen können. Wir hier haben viele nur extensiv genutzte Flächen, hängen Heideflächenprogrammen nach, weil wir sonst mit diesen Flächen nichts vernünftiges anzufangen wissen, unsere Bauern haben Flächen in Stilllegungsprogrammen, während wir auf nachwachsende Energieträger angewiesen sind. Die Landwirte, die sich mit ihren Produkten noch dem Markt stellen, müssen ihre Produkte zu Preisen abgeben, die oft nicht einmal die Produktionskosten decken. Bei der Produktion von Energiepflanzen wird es zunehmend anders. Es gibt inzwischen einen Markt, für den zu produzieren sich von Jahr zu Jahr besser lohnt. Schaffen wir es, in unserem Ort Verwertungsmöglichkeiten zu schaffen, indem z.B. einige Landwirte gemeinsam in die Stromproduktion aus nachwachsenden Rohstoffen einsteigen, könnte sich in unserer Region ein neuer Erwerbszweig für die Landwirte etablieren. Er würde nicht nur ihnen gut tun. Energiepflanzen, also Pflanzen, die schnell viel oder hoch konzentrierte Biomasse heranwachsen lassen können, haben in der Regel auch große Blattmassen und damit eine hohe Verdunstungsrate. Es gibt ernsthafte Hinweise darauf, mit einer deutlichen Erhöhung der Verdunstungsrate und der damit verbundenen Verdunstungskälte einen Teil der Erderwärmung abfangen zu können. Ein mehr an Vegetation bedeutet bessere Kühlung. Es paßt also wirklich alles zusammen, wenn wir uns auf die Energiepflanzenproduktion konzentrieren, ganz abgesehen davon, dass das Geld für die Energie im Lande bliebe. Und Stabilere Kosten könnte man auch erwarten. Alle Erfahrung zeigt, daß die Produkte der Landwirtschaft am stabilsten bleiben. Es wäre aber schade, damit schon zufrieden zu sein. Bisher war nur von Stromproduktion die Rede, in einem Nebensatz auch noch von der Wärmeversorgung, die selbstverständlich auch mit nachwachsenden Rohstoffen zu bewerkstelligen ist. Aber was ist mit unserer Mobilität, mit unserer lieb gewordenen Autofahrerei? Die Produktion von Biodiesel ist heute für viele Landwirte und nachgelagerte Betriebe eine vernünftige Erwerbsquelle, der Bau der entsprechenden Motoren ist bereits Normalität. Bei der Erforschung der für die Biodieselproduktion einsetzbaren Pflanzen stehen wir noch am Anfang. Täglich kommen neue Ansätze dazu. Warum soll unsere Region hier hintan stehen? Außerdem gibt es noch eine weitere Option, die über die direkte Nutzung von Sonnenlicht unsere Mobilität erhalten würde: Der Einsatz von Wasserstoff als Treibstoff für unsere Autos und Maschinen. Was halten Sie von der Utopie, daß eines Tages jeder mit Photovoltaikanlagen auf seinem Dach soviel Strom produziert, daß er mit seiner häuslichen Wasserstoffproduktionsanlage seinen Bedarf abdecken kann. Damit hätten wir Unabhängigkeit pur. Es werden zwar all diejenigen, die von unserer heutigen Abhängigkeit von Öl und Gas profitieren, eine Menge dagegen haben, daß es so kommt; warum sollten wir uns aber bremsen lassen? In diesem Papier wurde bisher weder Wind- noch Wasserkraft angesprochen, obwohl natürlich auch diese uns direkt von der Sonne zur Verfügung gestellt werden, denn sowohl die Winde wie auch der Wasserkreislauf geht ja direkt auf die Wärmeeinstrahlung der Sonne zurück. Beide Energieformen finden allerdings in unserer Region nördlich von München nur mäßige Voraussetzungen, um sie wirtschaftlich einsetzen zu können. Unsere Fließgewässer führen ihr Wasser doch mit sehr wenig Wucht der Isar zu und konstant verwertbare Winde haben wir auch kaum. Das soll nicht heißen, daß man nicht auch hier aufmerksam bleiben soll. Auch wenn es momentan so scheint, als wäre die Technik bereits ausgereizt, können wir nur hoffen, daß sich auch hier Entwicklungen auftun, die uns einer regionalen Energieunabhängigkeit näher bringen. Die FWG Eching wird dieses Thema regionale Energieunabhängigkeit zum Schwerpunkt des kommenden Jahres machen mit der Option, diesen Schwerpunkt auf weitere Jahre auszudehnen. Es wird ganz darauf ankommen, wie schnell wir Partner finden, die mitmachen und diese Sache dann auch fortführen. Wir werden ohne die Unterstützung der Landwirte und der regionalen Politik keine Chance zum Erfolg haben, das ist uns bewußt. Wir werden auch die Gemeinde brauchen, die Flächen sicherstellt, auf denen die oben geschilderten Ansätze auch umgesetzt werden können. Bekommen wir diese Verbündeten, bekommen wir ganz allgemein möglichst viele Mitstreiter, kann von hier eine beispielhafte Aktion ausgehen.'

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