. .

ORTSGESCHEHEN

Heimspiele, Schwarze Männer und ein Vierter Bürgermeister

Wer weise regiert, dem muss auch nach einer Revolution nicht der Kopf vor die Füße rollen. Die CSU hat sich ihre absolute Mehrheit der vergangenen sechs Jahre nicht krass 'raushängen lassen. Entsprechend werden SPD und Freie Wähler nun wohl auch nicht den mentalen Überdruck der Enterbten ablassen und es 'denen' richtig zeigen müssen. Die berüchtigte Echinger Konsensdemokratie wird wohl weitergehen, der FDP und ihren anarchischen Absichten zum Trotz, den Laden mal richtig aufzumischen... 

*

Also, wenn Kerstin Rehm ihre offenherzigen Gedanken früher geäußert hätte, dann hätte sie ihrer Partei und ihren Kollegen viel Geld und Mühe erspart. Wenn die Ortsvorsitzende der Partei mit der bisher absoluten Mehrheit die neue Vielfalt, die durch den deutlichen Stimmenverlust ihrer Farben entstanden ist, als 'nur gut für Eching' lobt - das hätte die CSU ohne Bemühungen um Wählerstimmen auch einfacher haben können, die absolute Mehrheit abzugeben. Rehms Analyse, dass der Rückzug altbewährter Kämpen zwangsläufig den Verlust eines Viertels der Stimmen bedingt habe, ist etwas verstörend. Wahl für Wahl scheiden Politiker aus allen Fraktionen aus. Sollte es nicht eigentlich Aufgabe der jeweiligen Gruppierung sein, diese Übergänge zu organisieren, ohne dabei ein Viertel der Gestaltungskraft einzubüßen?  

*

Da schau her, der Herr Kaminkehrer! In der vergangenen Amtsperiode ist Otmar Dallinger nach dem Rückzug von Ralf Göring in den Gemeinderat nachgerutscht, etwas später hat er dann nach dem Abgang von Simon Wankner den Vorsitz der Freien Wähler nicht mehr vermeiden können. Beides ist dann in der Folge so recht kaum aufgefallen... Und jetzt steht er da mit dem besten Wahlergebnis in der jüngeren Gesichichte seines Vereins und einer sensationellen persönlichen Stimmenzahl. Der 'schwarze Mann' ist plötzlich ein gewichtiger Faktor in der Ortspolitik. Und wenn er eine Blitz-Kandidatur als Bürgermeister im Falle eines Umzugs des anderen 'schwarzen Mannes' ins Landratsamt auch definitiv ausgeschlossen hat - jetzt wird der Bürgermeister erst in zwei Jahren gewählt...  

*

Dass Josef Riemensberger sein Bürgermeisteramt weiterführt, als habe es seine Landratskandidatur und ihr Ergebnis nie gegeben, darf angesichts seiner völligen politischen Emotionsfreiheit vorausgesetzt werden. Aber was wird an ihm hängen bleiben? In Eching hat er 44,7 Prozent der Stimmen erreicht, was die Landratswahl sicher nicht entschieden hat - aber für ein Heimspiel ist das nicht die ganz bedingungslose Unterstützung. Konkurrent Michael Schwaiger beispielsweise hat in Marzling, wo er das Rathaus führte, 70,7 Prozent der Stimmen abgeräumt. Kerstin Rehm hat auch hier eine weitgehend exclusive Sicht der Dinge vorgelegt, indem sie Riemensbergers Echinger Ergebnis darauf zurückführt, 'dass es hier eben die Leute sind, die ihn unbedingt als Bürgermeister behalten wollen'. Der arme Michi Schwaiger. Über 70 Prozent der Marzlinger wollten ihn ins Landratsamt weghaben...

*

Müller-Saala ist wieder drin - aber er ist kein Faktor mehr. 1990, beim Debüt der FDP auf der Echinger Bühne, war der Einzelkämpfer exakt das Zünglein an der Waage, das der SPD zur Mehrheit verhalf, wofür er in einem heute noch debattierten Kuhhandel zum Dritten Bürgermeister gekürt wurde. Nun gibt es drei Blöcke mit neun (CSU), acht (SPD) und sechs (FWG) Räten, von denen in strittigen Fragen keiner alleine kann, aber ein Zweierbündnis in jeder beliebigen Kombination auf jeden Fall alles erreicht. Die FDP braucht dazu keiner.

*

Hoch interessant wird in dieser neuen Konstellation freilich eine zwangsweise strittige Frage, nämlich eine Personalie. Wer wird Zweiter Bürgermeister? Alleine kann keiner einen Kandidaten durchbringen, jede Gruppierung bräuchte Stimmen aus einer anderen. Warum aber sollte eine Fraktion den Kandidaten der anderen wählen? Das wird wohl wieder auf die Installierung eines Dritten Bürgermeisters als Kompensationsmasse hinauslaufen... Aber selbst unter dieser Prämisse bleibt es knifflig. Denn ein 'moralisches' Recht, den Vize vorzuschlagen, kann bei dieser annähernd gleichen Stärke der Gruppierungen jede für sich herauslesen: die CSU, weil sie halt weiter die stärkste Fraktion ist; die SPD, weil sie nach der CSU, die den Ersten Bürgermeister stellt, die zweitstärkste ist und daher den Zweiten reklamieren könnte; und die FWG, weil sie die stärksten Gewinne eingefahren hat und mit der FDP Wahlsieger ist. Zu bieten hat ja jeder das Gleiche: wählst du mir meinen Zweiten, wähl ich dir deinen Dritten. Da wird's wohl nun viel darauf ankommen, wie die persönliche Chemie zwischen den Lagern stimmt. Vielleicht lassen ja SPD und FWG hier ein bisserl angestauten Frust über sechs Jahre CSU-Dominanz ab...? Die CSU andererseits hätte sicher größtes Interesse, Anette Martin von der SPD als Zweiten Bürgermeister zu verhindern - in zwei Jahren wird der Erste wieder gewählt... Vielleicht findet jemand auch noch den Königsweg, der alle befriedet - ohne dazu einen Vierten Bürgermeister zu installieren...

*

Simon Wankner ist kein stromlinienförmiger Politiker. Seine emotionalen Interessenschwenks und inhaltlichen Radikalpositionen verstören oft auch Freunde und Vereinskollegen, bei weniger Wohlmeinenden ist er teilweise als Wirrkopf oder Phantast verschrieen. Unbestritten aber ist er mit gehörig Herzblut und in seinen Fachgebieten auch mit einigem Sachverstand bei den Angelegenheiten des Gemeinwohls. Dafür hat er sich manch harsche Abfuhr eingefangen - das beachtliche persönliche Wahlergebnis für ihn, weit über dem Resultat seiner Gruppierung, ist da auch mal ein vielstimmiges Schulterklopfen.

*

Wie soll's jetzt eigentlich die SPD mit dem Wahlergebnis halten? Wenn sich die Ortsvorsitzende der CSU schon über drei Sitze Verlust freut, ist das Resultat der SPD gigantisch. Das sie aber vom Verlust der 'Schwarzen' überhaupt nicht abbekam, ist eher bitter. 'Rot' ist Eching am 2. März nicht wieder geworden, nicht mal ein bißchen 'röter'. Dafür weniger 'schwarz'... Wie es die Genossen auch drehen und wenden, es wird kein Erfolg aus dem Wählerwillen, aber auch keine Pleite. In zwei Jahren wird der Bürgermeister gewählt. Die Startbedingungen für 'rot' haben sich nicht verändert - die für 'schwarz' durch die Landrats- und die Gemeinderatswahl eher verschlechtert. Das ist vielleicht das einzig griffige Ergebnis für die SPD.

*

In der Regel wüßten wir Berichterstatter schon, wie's geht, bloss fragt uns ja immer keiner. Bürgermeister Riemensberger hat zwar mal den zarten Versuch gemacht, Kollegen Amann vom 'Freisinger Tagblatt' zu vereidigen, aber das war nur eine Verwechslung mit Jens Kühnel... Jetzt darf Ulrike Wilms, Berichterstatterin für's 'Tagblatt' und emsige Redakteurin des 'Echinger Forums', vom Pressebänkchen eine Reihe weiter vorn am Ratstisch Platz nehmen. Die Dienstleistungstätigkeit für das 'Forum' ist davon eh nicht berührt, und auch für das 'Tagblatt' möchte Wilms über das Vereins- und sonstige Geschehen in Eching weiter berichten - mit einer Einschränkung: 'no politics'.

(Alles über die Kommunalwahl 2008 steht ansonsten hier.)

WetterOnline
Das Wetter für
Eching