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ORTSGESCHEHEN

'Innovative Aufgaben anpacken'

Beitrag der Freien Wähler, verfasst von Simon Wankner:
Den Heideflächenverein bzw. das Heideflächenkonzept gibt es, weil wir bei uns natürliche Heiden (Garchinger und Fröttmanninger Heide) haben und weil wir diese in Zeiten des Abwehrkampfes gegen den Truppenübungsplatz (erinnern Sie sich noch) instrumentalisiert haben. Die Landwirte als Besitzer vieler der betroffenen Flächen machten nach einigem Zögern mit, weil die Landwirtschaft sich damals nur dann noch rentierte, wenn deren Flächen zu Bauland wurden. Da es sich meist um keine besonders guten Böden handelte, die man von ihnen wollte, waren die 'Heideflächler' mit ihrem Entgelt willkommen.
Heute ist landwirtschaftlicher Grund gefragt wie schon lange nicht mehr und ein Ende der Nachfrage ist nicht abzusehen. Es gäbe zur Zeit wohl kaum mehr einen Landwirt, der seine Flächen freiwillig in das Heideflächenprogramm einbringen würde. Können wir die Rahmenbedingungen, die zwischenzeitlich z.B. durch die Ausweisung von FFH-Gebieten entstanden sind, unverändert fortbestehen lassen? Besteht unter den neuen Voraussetzungen nicht dringender Bedarf für wirklich neue Konzepte?
Der Heideflächenverein macht es sich unter anderem zur Aufgabe, die gewachsene Kulturlandschaft anzunehmen und sie zu erhalten. Kulturlandschaft war und ist die Landschaft, die der wirtschaftende Mensch sich laufend kultiviert, um sein Überleben zu sichern. In neuerer Zeit kamen ästhetische und naturschützerische Aspekte dazu. Sie bekamen vor allem deshalb Raum, weil man angesichts der billigen fossilen Energie glaubte, auf viele produktive Flächen verzichten zu können.
Heute weiß man, dass diese Zeiten der billigen Energie zu Ende sind, dass wir gar nicht mehr langsam aber dafür um so sicherer wieder mit dem leben müssen, was wir uns alltäglich erwirtschaften. Kulturlandschaft ist also etwas, was sich aus der aktuellen Lebenswirklichkeit einer Gesellschaft für eine Landschaft ergibt. Einen bestimmten Zustand auf Dauer erhalten zu wollen, würde bedeuten, dass man diese Landschaft auf museale Art der Kulturlandschaft entzieht. Für kleine Flächen ist dies sicher hoch interessant und aus naturschutzfachlichen Gründen auch unbedingt gerechtfertigt; bei großen Flächen stellt sich aber die Frage, warum eine Gesellschaft sich Sachen leisten soll, die ihren Bestand gefährden.
Der großflächige Entzug potentiell produktiver Flächen mindert die Erfolgsaussichten, mit den offensichtlich vorhandenen Problemen fertig zu werden und, um einen Teilbereich zu nennen, z.B. mit Hilfe regenerativer Energien Ersatz für die fossilen Energieträger zu schaffen, deren exzessiver Einsatz unsere Erde bzw. uns auf unserer Erde lebende Menschen in größte Not bringt.
Obwohl unsere Heiden das Resultat von Jahrtausenden der kommerziellen Bewirtschaftung sind, ist mit der aktuellen Zielsetzung für die Heiden die Forderung nach rentierlicher und der Gesellschaft wirtschaftlich dienlicher Nutzung verpönt. Ist es wirklich undenkbar, dass den zweifellos faszinierenden naturschützerischen Zielen auch wirtschaftliche beigestellt werden, vielleicht sogar gleichberechtigt? Sind von Schafen beweidete, mit Energiegewinnungsanlagen überstellte Heideflächen grundsätzlich weniger wert als das Ergebnis der praktizierten reinen Lehre, die mich so sehr an die Magersucht unserer jungen Leute erinnert?
Die heute so hoch gehaltenen Arten der Heide, deren Schutzwürdigkeit hier keinesfalls in Frage gestellt werden soll, sind über Jahrhunderte in den Randbereichen der bewirtschafteten Flächen und an den Waldrändern gewachsen und haben sich – abgesehen vom Saatpool im Boden - so über die Jahrtausende erhalten. Breiteten sie sich in die Ackerflächen hinein aus, wußte der Bauer dies als Zeichen zu deuten, dass es mit dem nächsten Düngegang höchste Zeit wird. So radikal müßten wir heute nicht mehr sein. Es würde schon genügen, zwischenzeitlich immer besser erforschte Energiepflanzen wie Switchgras (ein Präriegras), Miscanthus (Chinaschilf) und Energiehirsen anzubauen und z.B. durch Heidestreifen oder lichte, dem G´fild angepaßte Niederwälder zu gliedern.
Mehrere hundert ha Fläche könnten so in die Produktion zurück geholt werden, ohne den Natur- und Artenschutzgedanken aufgeben zu müssen. Nicht einmal der Aufwand, der mit den Flächen heute verbunden ist, würde grundlegend größer, denn abernten muß man die Flächen heute auch, denn sonst würden sie 'verfetten'. Recht viel mehr muß man für die erwähnten Energiegräser auch nicht tun.
Die Fülle an Aufgaben, die unsere 'Heideflächen' erfüllen könnte, so man sie wieder als Teil der Kulturlandschaft betrachtet, ist so groß, dass sie hier sicher nicht erschöpfend dargestellt werden kann; ein kleiner Auszug soll deshalb genügen. Die Energieversorgung ist im bisherigen Text schon zweimal (Photovoltaik im Verbund mit Viehweiden, Anbau nachwachsender Rohstoffe im Verbund mit Heiden) angesprochen und wird deshalb nicht noch einmal vertieft. Dass das Thema in einem Verdichtungsraum von größter Bedeutung ist braucht man nicht zu erwähnen.
Gleiches gilt für das nächste Thema, nämlich die Verzahnung von Siedlungsentwicklung und Landschaft. Man hat sich diese seit einiger Zeit so sehr verboten, dass die damit verbundenen Probleme entsprechend deutlich zu Tage treten und der real existierende Mensch zu einem Störfaktor wurde. Dies kann und darf so nicht bleiben. Die Menschen dürfen, wenn sie ihren ganz normalen Bedürfnissen z.B. nach Erholung im Grünen nachgehen, kein Feindbild abgeben wie dies so oft geschieht. Was da alles als Störung der Natur angesehen wird, kann nur noch mit Fundamentalismus erklärt werden.
Die Bereitstellung von Naherholungsflächen im unmittelbaren Großstadtumfeld ist eine Selbstverständlichkeit und muß auch in den Heiden großzügig möglich sein. Kurze Wege sind schließlich wichtig. Dies gilt auch für die Sicherstellung der Ernährung. Je näher an der Stadt sie Lebensmittel produziert und je weniger Transportwege damit notwendig werden, um so frischer und um so billiger ist das Essen. Letzteres galt ja nicht mehr, weil Transporte so billig waren. Das hört aber auf. Und hoffentlich wird auch bald aufhören, dass wir sündteuer entsorgen, was die Landwirtschaft so dringend braucht und in Zeiten billiger Energie mit hohem Aufwand produziert wurde.
Es geht um unser (Toiletten-) Abwasser. Es steckt voller natürlicher Düngekraft, wäre also ein wertvoller Rohstoff, wird aber durch die Vermischung mit den übrigen Abwässern zu einem Problemfall, dem man nur mit aufwändigen Kläranlagen gerecht werden kann. Neue Siedlungs- und Entsorgungskonzepte wären hier angezeigt, wie sie sie übrigens z.B. in Skandinavien bereits mit großem Erfolg gibt.
Ebensolchen brauchen wir beim Umgang mit dem (Niederschlags-) Wasser. Die bisherigen Landschaften werden sich im Zuge der Klimaerwärmung als den Problemen nicht gewachsen herausstellen. Wasser wird neben seiner Funktion als Trink- und Gießwasser zunehmen als Kühlmittel der Landschaft wichtig werden. Dafür braucht es Verdunstungsflächen, die nur die Vegetation liefern kann. Unsere heutige Agrarlandschaft kennt fast nur Vegetationsformen, die sehr flach wurzeln. Sie erschließen also nur geringe Wasservorräte des Bodens. Kühlung und Taubildung bleiben so weit hinter dem zurück, was möglich und notwendig wäre; gerade die Taubildung wird künftig eine weitaus größere Rolle spielen als bisher, denn sie wird in den zu erwartenden langen Dürrezeiten eine große Wohltat sein für Mensch, Tier und Pflanze.
Soweit also zu dem Themenreigen, der sich da auftut, den es gerade hier in Großstadtnähe zu bearbeiten gilt. Wer viel Fläche zu verwalten und zu pflegen hat, braucht Personal und eine entsprechende Finanzausstattung. Es erscheint aber wenig sinnvoll, in Dinge zu investieren, die in erheblichen Teilen an der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorbei gehen. Es stellt sich also die Frage der Aufgabenstellung.
Der Heideflächenverein hat beste Arbeit geleistet, indem er uns heute mehr Wissen denn je über unsere Grasheiden zur Verfügung stellen kann. Nun hat er sich zur Aufgabe gemacht, große Teile des Münchner Nordens so weit abzumagern, dass wir eine großflächig angelegte Grasheide erleben können. Wollen wir das? Können wir diesem Verein nicht interessantere und innovativere Aufgaben stellen?
Wir haben eine Großstadt in der Nähe und leben in einer nach wie vor expandierenden Region: Was wäre, wenn wir als neues Ziel eine heidegeprägte Energielandschaft ausgäben, die diesen Raum mit unbedenklicher Energie versorgt, wenn wir anstreben würden, diese mit Lebensmittelproduktion, mit Entsorgung, mit Naherholung usw. zu kombinieren?
Es existiert im Heideflächenverein ein erprobter kommunaler Zusammenschluß, in den man nun zusätzlichen Sachverstand aus dem Bereich Landwirtschaft, Stadtplanung usw. zur Seite stellen könnte, damit entwickelt werden kann, was der aktuellen gesellschaftlichen Situation entspricht. Für die bisher Agierenden des Vereins müßte dies wie eine Erlösung sein: Man bekäme neue Aufgaben, würde mitarbeiten an der Bewältigung der aktuellen Probleme und könnte dies tun in dem Bewußtsein, mit selbst zusammengetragenen fundierten Grundlagen die Arbeit befruchten zu können.

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