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ORTSGESCHEHEN

Von Madonnen, Galgen und einem Zimmer für acht Schulklassen

Wenns um ihr Dorf ging, haben die Dietersheimer immer wieder ihren Kopf durchgesetzt. Wie nach der Säkularisation ihre Dorfkirche verkauft wurde, um für Baumaterial ausgeschlachtet zu werden, da hat der Ort zusammengelegt, um die Kirche zurückzukaufen, auch nachdem der Abbruch schon begonnen hatte. Und als die Obrigkeit ihnen partout keine eigene Schule genehmigen wollte, da haben sie sich einen Gutsbesitzer aus Hollern als Fürsprecher genommen und sind zur Regierung nach München gefahren. 'Sie kamen', berichtet der Chronist, 'zwar erst am nächsten Morgen nach Hause – aber ihr Vorsprechen hatte Erfolg.'
Heuer nun feiert der Ort, seit der Etablierung selbständiger Gemeinden der politischen Gemeinde Eching zugehörig, erstmals in seiner Historie ein historisches Jubiläum. Die urkundliche Ersterwähnung, nach der landesüblich Jubiläen terminiert werden, ist bei Dietersheim zwar nicht datiert, aber sie muss anhand der Regierungszeit des handelnden Bischofs zwischen den Jahren 859 und 875 liegen. 'Das erste Jahr, das man irgendwie gesichert sehen kann, sollte man nehmen', befand Bürgermeister Josef Riemensberger, und so feierte Dietersheim am Freitag mit einem launigen Festabend seine 1150-Jahr-Feier.
Gemeinderat Hans Hanrieder war der große Initiator dieses ersten Ortsjubiläums, nachdem eine 1000-Jahr-Feier (noch ohne Hanrieder) oder eine 1100-Jahr-Feier (mit einem zu kleinen Hanrieder) versäumt worden waren. Gemeindearchivar Günter Lammel und Kreisheimatpfleger Rudolf Goerge präsentierten vor rund 120 Besuchern im Bürgersaal Grundzüge, Marksteine und Anekdoten aus der Dietersheimer Historie in einer Form, die selbst als Unterhaltungshöhepunkt in die jüngere Ortschronik eingehen wird, die Dietersheimer Familienmusik Servi spielte dazu auf.
Eine kleine, unprätentiöse Ausstellung, hauptsächlich gestaltet von Hanrieder, Josef Schwentner, Brigitte Huber und Gertrud Wucherpfennig, zeigte die 'Geburtsurkunde', mit der Freisings Bischof Anno im 9. Jahrhundert Besitz in Dietersheim hergab, um im Tausch sein Land in Ismaning zu runden; dazu Bilder aus alten und neuen Tagen, von den Bauernhöfen des Ortes, von Schule und Kirche – viel mehr Attraktionen hat Dietersheim nicht zu bieten. Der Galgen des Landgerichts Kranzberg, der einst auf der nördlichen Ortsflur stand, ist immerhin verschwunden…
'Dietersheim hat sich eine eigene Identität bewahrt', würdigte der Bürgermeister. Er selbst ging hier ein Jahr zur Schule, weil 1966 aus bildungspolitischen Gründen die Schulen Eching und Dietersheim zusammengelegt worden waren – was dazu führte, dass die Echinger Schule mit dem Zugang der Dietersheimer zu klein wurde, weswegen die vierten Klassen Echings nach Dietersheim ausgelagert wurden…
Zuvor hatte Oberlehrer Karl Kneidl, Echinger Ehrenbürger und erster Verfasser einer Dietersheimer Ortschronik, 34 Jahre lang jeweils alle acht Schülerjahrgänge gleichzeitig in einem Raum unterrichtet. Die Kirche schließlich beherbergt ein echtes Kleinod, die 'Dietersheimer Madonna', die aus dem Kloster Weihenstephan stammt.
Mal zählte der Ort 11 Anwesen, mal an die 20, mal waren gleich zwei Mühlen aktenkundig – waren die 1150 Jahre, die Goerge und Lammel Revue passieren ließen, doch überwiegend im ruhigen Fluss der Jahrhunderte verlaufen, so findet der größte Umbruch der Dietersheimer Geschichte derzeit statt. Mit der Ausweisung neuer Baugebiete an allen Enden des Ortes wird die einstige Heimstatt der Sippe eines Dieterich dramatisch wachsen, oder, wie es der Bürgermeister beim Festabend versprach, 'auf gutem Niveau für die Zukunft ausgebaut'.

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