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ORTSGESCHEHEN

"Umorganisieren zu stabilen Verhältnissen"

Nachbetrachtung zur Haushaltsberatung von Simon Wankner (Freie Wähler):
 
Ganz im Gegensatz zu früher hat Eching seit gut zwei Jahrzehnten massive Probleme mit dem Haushalt. Aus einer Gemeinde mit üppiger Finanzausstattung ist eine eher klamme Gemeinde geworden, die sich schwer tut, ihren Aufgaben gerecht zu werden.
Der Umschwung, der in der Bevölkerung zunächst gar nicht wahrgenommen wurde, setzte ein mit der Umsetzung der Musikschule und des ASZ. Zusammen mit den Bürgerhäusern zu den sogenannten freiwilligen Leistungen zählend, riss deren Betrieb zunächst alle freien Finanzmittel an sich, um später auch noch keineswegs mehr freie Mittel zu beanspruchen.
Man kann feststellen: Eching hatte zwei Bürgerhäuser, eine Musikschule und ein ASZ gebaut, konnte sie sich aber eigentlich gar nicht leisten. Dabei wäre der Bau der Einrichtungen womöglich noch zu verkraften gewesen, aber Unterhalt und der Betrieb der Einrichtungen in der konzipierten Art waren es eigentlich nie. Je nachdem wie man rechnet, flossen um die 50 Millionen € (gerechnet sind der Einfachheit halber 20 Jahre) in diesen Bereich. Diese Summe macht wohl klar, um welche Dimensionen es geht.
Gesteht man zu, dass Kulturarbeit, dass Altenarbeit usw. auch ohne diese Einrichtungen Geld gebraucht hätten (ich rechne großzügige 750.000 € / Jahr), so verbleibt aber immer noch eine gewaltige Summe (es wären nach dieser Rechnung noch 35 Millionen €), die mehr in diesen Bereich flossen als unbedingt notwendig, also anderweitig nicht zur Verfügung standen.
Es erscheint heute überflüssig, sich darüber Gedanken zu machen, ob es zum Zeitpunkt der Entscheidung schon erkennbar war, wie sich diese Einrichtungen auf die Gemeindefinanzen auswirken würden; dazu liegen die Zeiten zu weit zurück. Entscheidend ist, dass die heutige Situation nüchtern zur Kenntnis genommen wird und in der Folge Konsequenzen gezogen werden.
Vor rund 20 Jahren also begann die Zeit, in der wir anfingen, immer mehr Aufgaben nur noch hinterherzulaufen. Das angestrebte Kinderhaus konnten wir uns damals schon nicht mehr leisten – ob das so wirklich schlimm ist, sei dahingestellt. Schlimm aber ist, daß der Berg des Unerledigten immer größer wird.
Es seinen folgende mir spontan einfallende Beispiele genannt:
- Die Schaffung einer Ortsmitte wurde zwar über viele Jahre diskutiert, voranbringen konnte man sie nie, weil kein Geld und zugegebener Maßen vielleicht auch keine zündende Idee da war.
- Die schon so lange ausstehende Rathaussanierung wird weiter auf sich warten lassen, weil auch dafür immer wieder die Finanzmittel fehlen. Nicht nur, daß dieses Haus den Mitarbeitern keine adäquaten Arbeitsbedingungen bietet, dort wird auch eine Unmenge an Energie verschleudert. Es geht also jährlich Geld verloren und es wird unnötig viel Treibhausgas produziert.
- Eine eigentlich unverzichtbare städtebauliche Erneuerung im Bereich nordwestlicher Stachus scheitert unter anderem daran, dass die Gemeinde keine nennenswerten Geldmittel zur Verfügung hat, um hier im unmittelbaren Kern des Ortes das Gesetz des Handelns an sich ziehen zu können.
- Zur Entlastung der Hauptstraße notwendige Straßenbauvorhaben wie eine Westerschließung oder der Anschluß des Gewerbegebiets Nord an den neuen Autobahnzubringer scheitern daran, dass uns die Haushaltsmittel fehlen, um als Straßenbaulastträger aufzutreten.
- In den gemeindlichen Einrichtungen läuft zunehmend ein Renovierungsstau auf. Die großen Brocken Schule und Feuerwehrhaus haben wir zwar jetzt geschultert, aber schon jetzt ist klar, dass uns dies zu einer längeren Verschnaufpause zwingen wird.
- Kaum befriedigend kann sein, was wir uns in Sachen Ortsbildpflege leisten können. Das für die Grünflächenpflege zuständige Personal schied aus Altersgründen aus, neues wollten wir uns nicht mehr leisten; entsprechend steht es um die Bestandspflege. Da diese schon kaum mehr zu bewältigen ist, ist es kein Wunder, daß für darüber hinausgehende Maßnahmen, wie es z.B. Verschönerungsaktionen durch Sommer- und Wechselpflanzungen wären, kaum noch Kapazitäten frei zu bekommen sind.
- (Fast) allen ist zwar klar, dass die Einleitung der Energiewende zu den dringlichsten Zukunftsaufgaben gehört, aber wirklich dafür tun können wir kaum etwas, weil uns die Mittel fehlen. Wir schaffen es nicht einmal, dafür ordentlich Reklame bei unseren Bürgern zu organisieren oder innerhalb der Verwaltung eine dafür zuständige Person zu etablieren.
- Die Schuldentilgung wird zwar allgemein als wichtiges Ziel angesehen, wirklich gelungen ist sie nicht. Rechnet man nämlich die Summen dazu, die wir in den nächsten Jahren aufnehmen müssen, um wenigstens das zu bewerkstelligen, was unverzichtbar ist, werden die Schulden wieder in Höhen landen, die einst in Eching undenkbar waren. Hinzu kommt noch der Unsicherheitsfaktor Grundstücksentschädigung Autobahnzubringer/Gewerbegebietsertüchtigung Eching Ost, der uns mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls erhebliche, über die dafür eingestellte Rücklage hinausgehende Kosten machen wird.
 
Diese Liste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, kann in einzelnen Punkte womöglich auch ganz anders gesehen werden; sie dürfte aber klar machen, wie viel eigentlich zu tun wäre und daß es womöglich noch viel mehr ist, was wir nicht schaffen.
Ich war jetzt fast 15 Jahre dabei und kann nur feststellen, dass der Berg an Unerledigtem immer größer wird und an ein Abtragen unter den gegenwärtigen Umständen nicht zu denken ist.
Versucht man eine Schlußfolgerung, dann ist festzustellen, dass man so wie bisher nicht weitermachen kann. Man muss – nachdem der Haushalt ansonsten als ausgesprochen sparbewußt gilt – also an die Ausgabenstruktur heran. Die Dinge, die Einrichtungen, die Institutionen, die wir uns so nicht leisten können, sind entweder aufzugeben oder über eine Neukonzeption an das Leistungsvermögen der Gemeinde anzupassen.
Als erstes drängt sich auf, über die Einrichtungen nachzudenken, die ob ihres Kostenumfangs schon seit langer Zeit immer wieder Stein des Anstoßes sind bei der Haushaltsgenehmigung durch das Landratsamt. Zu sprechen ist also über unsere Bürgerhäuser, über die Musikschule und das ASZ. Zunächst muß man feststellen, daß die zu den oben angesprochenen Einrichtungen gehörenden Gebäude nun schon einmal da, sie also tunlichst zu nutzen sind. Es stellt sich also nur die Frage, inwieweit sie weiter für die ursprüngliche Aufgabe gebraucht werden und wo auch andere Nutzungen denkbar sind.
1. Bürgerhäuser:
Über die Sinnhaftigkeit von Bürgerhäusern läßt sich trefflich streiten. Viele müssen sich nachsagen lassen, dass sie wesentlich zur Ausdünnung der örtlichen Gastronomie und der überkommenen Festkultur beigetragen haben. Inwieweit solches auch bei uns zutrifft, kann ich nicht beurteilen, weil mir die Hintergründe fehlen. Aus heutiger Sicht kann man wohl sagen, dass das Bürgerhaus Eching weiter und uneingeschränkt gebraucht wird.
Es ist höchstens zu überlegen, ob es eigentlich seiner Aufgabe als Bürgerhaus gerecht wird. Es ist doch mehr ein Kulturveranstaltungsort als ein Haus der Bürger, das sich zum Zentrum aller Gemeindebürger macht, die Menschen anspricht, die Vereine vernetzt und anregt, Kulturschaffen aus unserer Mitte fördert. Zu oft gehen Versuche mit Hochkulturveranstaltungen „in die Hose“, da wäre mir lieber, wir hätten statt dessen unsere eigenen Leute auf der Bühne. Die hinreißende Aufführung der Theaterwerkstatt von zuletzt ist ein super Beispiel dafür. Es gibt auf jeden Fall Einiges nachzudenken über Sinn und Unsinn dessen, was man Herrn Dr. Korsten als Aufgabe stellt und wieviel Geld er dafür zur Verfügung gestellt bekommt.
Der Bau des Bürgerhauses Dietersheim war in meinen Augen von Anfang an eine Fehlentscheidung. Was soll dieser Unfug, jedem Ortsteil sein öffentliches Haus zu geben? Ein Bürgerhaus hat die Menschen einer Gemeinde zusammenzubringen. Jedem Dorf sein Bürgerhaus bedeutet das Gegenteil. Als Konsequenz für Dietersheim ist mein Vorschlag, den Bürgerhausteil des Feuerwehrhauses möglichst schnell an einen Gastronomen zu verpachten und so die öffentlichen Kosten zu senken. Dietersheim hätte auf diese Weise wieder einen professionell bewirtschafteten Veranstaltungssaal in der Ortsmitte, der trotzdem auch für das meiste von dem zur Verfügung stehen könnte, was sich dort ansonsten etabliert hat.
2. Musikschule:
Die Musikschule ist sicher eine der wertvollsten Einrichtungen, die wir im Ort haben. Doch auch sie haben wir uns in der vorliegenden Konzeption noch nie leisten können. Vor allem der Unterricht schluckt deutlich zu viel Geld. Ich sehe aber, dass es unsere Musikvereine weitgehend ohne öffentliche Gelder schaffen, hervorragenden Musikunterricht zu erteilen. Ohne wirklich fertige Konzepte zu haben, möchte ich dies als Anregung sehen, sich deren Konzepte näher anzusehen. Im Übrigen gibt es einige Gemeinden, die haben solche Einrichtungen wie eine Musikschule, die VHS und ihr Bürgerhaus zusammengespannt, sie dann einem Trägerverein übergeben und diesen mit pauschalen Finanzmitteln ausgestattet. Man hört Gutes. Diesen Weg in Erwägung zu ziehen und womöglich unsere Musikvereine noch miteinzubeziehen erscheint mir attraktiv zu sein.
3. ASZ:
Wir haben uns eine Mustereinrichtung geschaffen, in deren Umfeld unglaublich tolles ehrenamtliches Engagement entstand. Wir konnten uns aber diese Mustereinrichtung nie leisten. Vielleicht wäre es mit etwas weniger Muster leichter gegangen. Nun hat sich auch noch herausgestellt, daß sich Teile der Einrichtung nicht mehr aufrecht erhalten lassen. Letztlich bleibt eigentlich nur noch das Erdgeschoß, das unser öffentliches Engagement benötigt. Das übrige Haus ist eigentlich nur noch zu verwalten bzw. es muß dort nur noch die Betreuung der Bewohner in ähnlicher Form sicher gestellt werden, wie das auch in der Heidestraße geschieht. Dafür braucht man die gewaltige Organisation von heute nicht mehr. Unverzichtbar ist aber die offene Seniorenarbeit, wie sie der Verein „Älter werden in Eching“ in der Gemeinde etabliert hat. Dafür Geld und auch Raum in Form des Erdgeschosses des ASZ zur Verfügung zu stellen, sollte eine Selbstverständlichkeit bleiben. Die Zuwendungssummen sollte sich aber an dem orientieren, was wir in Zeiten vor dem ASZ dafür aufbrachten (ev. zuzüglich Cafepacht und sicher bei Mietfreiheit).
Das so gerne hoch gehaltene Thema „Haus der Generationen“ stellt sich mir eher als Kopfgeburt dar; sie gehört in den Bereich Muster, dem ich immer mehr zu mißtrauen gewillt bin.
 
Wie in den Haushaltsberatungen angeregt, halte ich es für realistisch, nach einer Übergangsphase, die zum einen Zeit zum Nachdenken verschaffen soll und natürlich auch Raum dafür, die Neuorganisation zu bewerkstelligen, ohne den Beteiligten/Beschäftigten die Existenz zu nehmen, in diesem Bereich künftig mit ca. 1.500.000 € / Jahr auszukommen. Die Haushaltsentlastung käme also auf überschlägig 1.000.000 €, die dann anderweitig zur Verfügung stünden.
Dies sind die Gedanken, die ich zum Schluß meiner Gemeinderatstätigkeit noch einbringen möchte. Ich kann sie selber in den Gremien nicht mehr vertreten, weil ich es zunächst in der Haushaltsberatung in dieser Deutlichkeit versäumte und ich künftig dem Gemeinderat aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr angehören kann. Deshalb habe ich sie schriftlich zusammengefasst.
Sie werden von mir keineswegs absolut gesehen, denn nur zu oft wurde mir in Diskussionen klar, wie begrenzt richtig meine eigenen Überlegungen sein können. Natürlich hoffe ich, dass sie eine offene Diskussion um die Zukunft unseres Haushalts und damit auch der Gemeinde auslösen.
Diese Überlegungen richten sich in keinster Weise gegen die in den angesprochenen Einrichtungen tätigen Menschen und die von ihnen erbrachten Leistungen. Diese sind nicht hoch genug einzuschätzen. Das habe ich immer klar zu machen versucht, wann immer dazu Gelegenheit bestand. Sollten sie nun durch ev. Änderungen zu Betroffenen werden, liegt dies zuallererst an denen, die einst diese Dinge ins Leben riefen, ohne sie wirklich finanzieren zu können.
Um so betroffener macht es mich, wenn ich gegenwärtig von Entscheidungsträgern und Verantwortlichen wegen der Initiative der FWG mit offenem Haß oder zumindest tiefer persönlicher Verachtung abgestraft werde. Ich bin absolut optimistisch, dass bei einer offensiven Herangehweise und einer scheuklappenlosen, auf die Zukunft ausgerichteten Diskussion die ursprünglich mit den angesprochenen Einrichtungen verfolgten Absichten nicht untergehen müssen. Wir haben alle mehr davon, wenn wir uns unserer Gemeinde und ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend umorganisieren und so für stabile, unumstrittene Verhältnisse sorgen. Vielleicht führt solches Nachdenken sogar nachhaltiger zum Erhalt dessen, was wir so sehr schätzen, als das einfache Festhalten an dem Überkommenen.
Damit bin ich beim Schluss meiner Ausführungen zum Haushalt 2011. Bleibt noch Abschied zu nehmen. Dies fällt mir sehr schwer. Politisch tätig zu sein ist anscheinend in mir angelegt, es nun nicht mehr sein zu können eine bittere Erkenntnis. Sie wird um so bitterer, da die persönliche Bilanz auf der Habenseite nicht viel aufzuweisen hat. Vor allem die Umsetzung meiner Kernanliegen, die da vorrangig waren, im Gemeinderat ein offenes, von den üblichen Automatismen der Politik einigermaßen freies Ringen um eine gute Zukunft zu etablieren und im Bewußtsein des Gemeinderats und der Bevölkerung die große Bedeutung der Bauleitplanung zu verankern, blieb mir verwehrt. Aber in der Demokratie zählt nicht das Wohlbefinden eines einzelnen Politikers, sondern das Ergebnis der politischen Willensbildung. Diese geht auch ohne mich weiter und die Ergebnisse werden durch mein Ausscheiden nicht schlechter werden.
Alles Gute denen, die diese Arbeit weiter machen.
 
(Zum Abschied von Simon Wankner stehen hier Lesermails)

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