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ORTSGESCHEHEN

Lesermail zum Artikel: 'Freisinnige Dialogplattform' FDp

Sehr geehrter Herr Dr. Siemsen,
in Ergänzung zu meiner Antwort vom 01.04.2011: Ich habe mir Ihre (sehr gut gestaltete) Internetseite soeben angeschaut. Bei den Berichten zu den FDP-Veranstaltungen im Landkreis Freising sind mir zwei Dinge besonders aufgefallen (bzw. "aufgestoßen"):
1.) Beim "Offenen Forum" am 17.02.2011 beim Huberwirt in Eching berichtete Ihr Parteikollege Heinz Müller-Saala, dass die Beschilderung für das Lkw-Durchfahrtverbot bald kommt. Unabhängig davon, dass die Lkw-Sperre nur nachts und zeitlich befristet (für vier Monate) kommen soll, frage ich mich, was Herr Müller-Saala unter dem Begriff "bald" versteht. Wir haben heute den 03.04. und ich sehe immer noch kein einziges Schild mit einem durchgestrichenen Lkw an der Hauptstraße. Oder ist damit zu rechnen, dass wir Echinger eher mit der nächsten Eiszeit als mit der tatsächlich realisierten Aufstellung der Beschilderung rechnen dürfen?
2.) Bei einer Veranstaltung Ihrer Partei am 17.03.2011 im Gasthaus Maisberger in Neufahrn lautete das Thema "Energie- und Schulpolitik". Ich will hier nur auf die Energiepolitik eingehen. Bisher war Ihre Partei (genauso wie die CSU) überwiegend ein klarer Verfechter der Energieerzeugung durch Atomkraft (wenn auch nur "vorübergehend"; es war von "Brückentechnologie" die Rede). Ich habe weder von Ihnen noch von irgendeinem anderen FDP-ler vor dem dramtischen Super-GAU von Fukushima (Japan) jemals wahrgenommen, dass diese Art der Energieerzeugung möglicherweise mit sehr großen (und langfristigen) negativen Konsequenzen für Mensch und Umwelt verbunden ist. Das ist jetzt eine sehr gute ind ich hoffe, ernstgemeinte Kehrtwende in Ihrer Partei!
Bei der im letzten Jahr beschlossenen Laufzeitverlängerung - auch für die bis zu 40 Jahre alten Siedewasserreaktoren (u.A. das AKW Isar 1 kurz hinter Landshut - hörte man weder von der CDU/CSU noch von Ihrer Partei eine mahnende Stimme (die sind ja alle sicher und werden ständig überprüft, hieß es). Die einzige Partei, die schon lange vor Fukushima deutlich vor den möglichen Folgen der Atomkraft gewarnt hatte, waren die Grünen. Die haben jetzt auch in diesem Punkt kein Glaubwürdigkeitsproblem.
Um noch einmal konkret auf das Atomkraftwerk Isar 1 zu kommen: Unabhängig von der momentan stattfindenden Debatte über die Folgen eines möglichen Flugzeugabsturzes auf ein AKW (für welches u.A. Isar 1 nie berechnet wurde): Das Herz der Anlage, also der sog. Reaktordruckbehälter (RDB), in dem die Uran-Brennstäbe "bruzeln" und Dampf erzeugen, ist eine kombinierte Guß-/Schweißkonstruktion aus Gußstahl. Eine der Hauptschweißnähte, und zwar die zwischen dem zylindrischen Körper und dem unteren sog. Klöpperboden, ist nicht (wiederkehrend) prüffähig.
Die Naht (eine sog. V-Naht) ist ca. 15 Meter lang. Eigentlich müsste nach den für kerntechnische Anlagen geltenden KTA-Richtlinien eine regelmäßige, wiederkehrende Prüfung der Schweißnaht auf Rissfreiheit durch einen Sachverständigen (hier ist das TÜV Süddeutschland) stattfinden, und zwar alle vier Jahre. Das Problem ist, dass die Anlage so dicht verbaut ist, dass keine Prüfung gescheit durchgeführt werden kann, weil man nicht hinkommt (man verwendet für die Prüfung der Schweißnähte üblicherweise das Farbeindring- und das Ultraschall-Prüfverfahren und für nicht radioktiv belastete Schweißnähte auch die Prüfung mittels Gamma- oder Röntgenstrahlen).
In den RDB hinein kann (und darf) man auch nicht (also Prüfung von innen), weil der Stahl aufgrund der radioaktiven Strahlung (Beta- und Gamma-Strahlung) stark aktiviert und kontaminiert ist. Und was macht der TÜV: Die untere, für die Sicherheit des Reaktors ganz wichtige Naht wird überhaupt nicht geprüft!
Um es klar zu machen (ohne dass ich Panik verbreiten will): Sollte diese Naht reißen, kommt es unweigerlich zum GAU wie in Tschernobyl oder Fukushima, weil das unter hohem Druck stehende Wasser, in dem die Brennelemente komplett eingetaucht sind (und müssen), dann schlagartig entweicht. Folge: Kernschmelze (d.h., die Uranstäbe werden immer heißer, bis sie bei ca. 2500° C sich verflüssigen und unten den RDB und das "Containment" durchbrennen (bis zum Grundwasser unter dem Reaktor)).
Der TÜV Süddeutschland hat in seiner Eigenschaft als vom bayerischen Umweltministerium beauftragte Sachverständigenorganisation die Planungs- und Bauphase von Isar 1 begleitet und jede einzelne Komponente sowohl konstruktiv als auch von der tasächlichen Ausführung seinerzeit für gut befunden und freigegeben. Die hätten also schon vor dem Bau von Isar 1die Nicht-Prüffähigkeit besagter Schweißnaht erkennen und monieren müssen. Über diese Tatsache hatte das ARD-Fernsehen in der Sendereihe "Kontraste" im Juli letzten Jahres einen Beitrag gesendet.
Die Österreicher waren da schlauer als wir: Ein fast baugleicher Siedewasser-Reaktor (Siemens-Bautyp 69) wie Isar 1 ist dort (in Zwentendorf) zwar gebaut worden, dann aber nie in Betrieb gegangen. Dieser Reaktor ist heute ein für jeden zugängliches Museum. Da kann jeder, der mir keinen Glauben schenken will, sich die von mir angesprochene Schweißnaht anschauen.
Übrigens: Die Universität Wien (Werkstofffachleute) hat nachgerechnet, dass der RDB unterdimensioniert, also zu schwach ausgelegt, ist (auch die Schweißnähte). Auch das hätte der TÜV Süddeutschland selber erkennen müssen (da sitzen ja die "Experten" für Atomkraftwerke). Oder gilt in Bayern eine andere Physik und Werkstoffkunde als in Österreich?
Und nochmal "übrigens": Wenn ich mit meinem Auto alle zwei Jahre zum TÜV fahre, werden so wahnsinnig wichtige Dinge wie die Kennzeichen-Beleuchtung und die Leuchtweitenregulierung (fürs Abblendlicht) kontrolliert. Kein weiterer Kommentar.
Guido Langenstück
 
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