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ORTSGESCHEHEN

Lesermail zum Artikel: 'Freisinnige Dialogplattform' FDp

Sehr geehrter Herr Dr. Siemsen,
ich bedanke mich ebenfalls für Ihre heutige Antwort. Wenn Sie auf den beiden von Ihnen zitierten FDP-Veranstaltungen (s.u.) mahnende Worte zur Atomenergie gesprochen haben, ehrt Sie das! Da waren Sie wahrscheinlich bis zum GAU von Fukushima in der FDP "der Rufer in der Wüste". Viel scheinen Ihre seinerzeitigen Appelle innerhalb Ihrer Partei leider nicht gehört worden zu sein, denn sonst hätte die FDP (neben der CDU/CSU) der Laufzeitverlängerung der 17 deutschen Atomkraftwerke nicht zugestimmt.
Der von Ihnen genannte Aspekt "Endlichkeit von Uran" ist ein Thema für sich: Unabhängig von der umstrittenen Sicherheit deutscher AKWs und der ungelösten Endlagerfrage muss jedem klar sein, dass Uran 235 (das ist das schnell spaltbare Uran-Isotop) ein auf der Erde extrem selten vorhandenes Metall ist und bei extensiver Nutzung (ähnlich wie Erdöl) schon in einigen Jahrzehnten, spätestens wenigen Jahrhunderten, nicht mehr schürfbar ist.
In Ergänzung zu Ihrem Hinweis des Uranabbaus: Das Uran(oxid) wird unter überwiegend menschenunwürdigen Bedingungen in Afrika (Niger, Südafrika, Tansania und Namibia), China, Russland, Pakistan, den USA, Kanada und Australien teils im Tage-, teils im Untertagebau abgebaut. Dabei werden die Minenarbeiter tagtäglich system- und naturbedingt "verstrahlt". Es fanden zu diesem Thema auch schon mehrere internationale Konferenzen (von der UNO und World Uranium Hearing 1992) statt, leider ohne greifbares Ergebnis für die Betroffenen.
Ein weiterer Aspekt ist die häufige Gewinnung von Uranerz mittels des sog. "in-situ-recovery"-Verfahrens, bei dem flüssiges Fluoroxid in den Boden gepumpt (injiziert) wird. Folge: Das Grundwasser ist großflächig "versaut". Und bei der Anreicherung des Urans (Trennung von Uran 235 und 238 sowie Desoxidation des Uranerzes) werden diverse Säuren und Laugen benötigt. (Ob die alle fachgerecht entsorgt werden?)
Ich verstehe nicht, sehr geehrter Herr Dr. Siemsen, dass sich vor Fukushima offensichtlich nur ganz wenige in der CDU/CSU/FDP-Bundestagsfraktion bei der Stimmabgabe zur Laufzeitverlängerung über diesen Aspekt der Kernenergie Gedanken gemacht haben. Oder sitzt im Bundestag (aber auch im bayerischen Landtag) eine große Ansammlung Ahnungsloser?
Und dass Atomstrom (im Vergleich zu anderen Stromerzeugungsformen) so kostengünstig sei, ist ebenfalls eine Mär. Bisher wurden die Kosten für die Endlagerung des Atommülls bei den Strompreisen noch gar nicht mit eingerechnet geschweige denn vom Stromkunden bezahlt (geht ja auch noch nicht, weil (weltweit) noch kein Endlager existiert). Und die bisherigen Erkundungskosten für atomare Endlager (Gorleben, Asse) wurden bisher ausschließlich vom deutschen Steuerzahler und nicht von den vier Atomstrom-Konzernen E.ON, ENBW, RWE und Vattenfall bezahlt. Wäre dies der Fall, wäre der Strom heute schon wesentlich teurer. So bezahlen wir die Erschließungskosten kollektiv mit unseren Steuern.
Übrigens, sehr geehrter Herr Dr. Siemsen: Ich finde es gut und konsequent von Ihnen, wenn Sie (neben den Grünen) an konkreten Maßnahmen (Sie schreiben von "Roadmap" und "Masterplan") zur Umsetzung von Alternativen zur Atomenergie im Landkreis Freising arbeiten. Wenn der CSU-dominierte Freisinger Kreistag eine Einstellung von Haushaltsmitteln dafür mehrheitlich abgelehnt hat, müsste langsam - entschuldigen Sie bitte den Ausdruck - der größte "Depp" begreifen, welche Partei noch wählbar ist und welche nicht. Aber wie heißt eine alte Volksweisheit: "Die dümmsten Kälber wählen ihren Metzger selbst".
Noch ein Hinweis zum Thema Atomausstieg: Das Bündnis für Atomausstieg Freising (BüfA FS) veranstaltet am Donnerstag, den 19.05.2011, eine vom Freisinger SZ-Journalisten Johann Kirchberger moderierte Podiumsdiskussion, bei der neben Lokalpolitikern aller Parteien auch ein E.ON-Vertreter sowie der Wiener Werkstoffwissenschaftler Prof. Kromp eingeladen sind (bzw. noch werden). Kromp ist derjenige, der (wohl als erster) festgestellt hat, dass der Reaktordruckbehälter vom AKW Isar 1 (der alte Siedewasserreaktor in Ohu) unterdimensioniert und teilweise nicht prüffähig ist (diese Feststellung wäre eigentlich die Aufgabe des vom bayerischen Umweltministerium (die für bayerische Atomkraftwerke zuständige Aufsichtsbehörde) generalbeauftragten TÜV Süddeutschland in München (Westendstraße 199)). Ort: Lindenkeller in Freising, Beginn der Veranstaltung: 19.30 Uhr
Mit freundlichen Grüßen
Guido Langenstück
 
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