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ORTSGESCHEHEN

Lesermail zum Artikel: 'Projekt Mehrgenerationenhaus weiter gefördert'

Das Mehrgenerationenhaus im Gemeinderat
Der Gemeinderat hat am 31.Mai 2011 beschlossen, mit 10.000 € jährlich für drei Jahre in die Förderung des Mehrgenerationenhauses einzusteigen, der Bund fördert daraufhin das Mehrgenerationenhaus weiter mit 30.000 € jährlich.
Zur Erinnerung: Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte vor fünf Jahren die Idee, Mehrgenerationenhäuser als „Orte der Begegnung der Generationen“ in einem Aktionsprogramm des Bundes ins Leben zu rufen, mittlerweile gibt es in Deutschland mehr als 500, darunter auch das im ASZ in Eching. Eine unaufregende Geschichte, ein gutes „Geschäft“ für die Gemeinde, könnte man meinen und das denken wohl auch alle, die ein wenig Einblick in den sozialen Bereich haben.
Weit gefehlt: Nahezu leidenschaftlich hat sich der Fraktionsvorsitzende der CSU im Gemeinderat, Georg Bartl, dagegen gewandt, anfangs unterstützt von Mitgliedern seiner Fraktion, nach einer dreiviertel Stunde heftiger Diskussion am Ende freilich nur noch vom ehemaligen Mitglied der CSU-Fraktion Migge und dem FDP-Gemeinderat Müller-Saala. Die Fraktionen von SPD und der Freien Wähler waren von Anfang an dafür.
Also: Da gibt es ein Bundesprogramm, das die allerorts hoch geschätzte Arbeit der Mehrgenerationenhäuser zu 75 % finanziert, die Arbeit kommt Jung und Alt in Eching zugute – und die Fraktionsspitze der CSU im Gemeinderat ist nicht bereit, ihren kleinen Teil dazu beizutragen (0,036 % des Verwaltungshaushaltes der Gemeinde). Das ist dann doch aufregend.
Die Fraktionsspitze der CSU vertritt ja eine Partei, die – wie immer man sonst zur CSU stehen mag - in den vergangenen Jahrzehnten im sozialen Bereich eigene Qualität gezeigt hat. Dafür standen z. B. die bayrischen Sozialministerinnen Barbara Stamm und Christa Stevens, die ja beide auch mehrmals im ASZ zu Besuch waren und bei diesen Gelegenheiten ihre Wertschätzung für die Arbeit, die dort geleistet wird, deutlich geäußert haben.
Weiß Herr Bartl nichts von dieser Tradition? Steht er außerhalb dieser Tradition? Hält er nichts von den Ideen, welche die prominente CDU-Politikerin Ursula von der Leyen in Deutschland so massiv verbreitet und gefördert hat? Weiß er nicht, was so ein Mehrgenerationenhaus leistet, gerade das in Eching (Schülerpatenschaftsprojekt, Mutter-Kind-Gruppen, Mädchenarbeit „girls club“ und vieles andere)?
Wie steht es dabei mit den anderen Gemeinderäten der CSU, die teilweise mit starken Vorbehalten dann doch zugestimmt haben? Oder denkt Herr Bartl und vielleicht die CSU insgesamt ausschließlich an die 10.000 €? Geht es nur um das Geld? Das ist das Nachdenken wert.
In der Kommunalpolitik hat sich ja die Gewohnheit eingenistet, Dienstleistungsbereiche von Gemeinden – Kindergärten, Jugend- oder Alteneinrichtungen etc. – nach Defiziten zu bewerten. Ausgaben der Träger für Jugend- und Altenarbeit, die von Steuergeldern finanziert werden, sind dann Defizite, wenn sie nicht durch Gebühren, Eigenleistungen etc. ausgeglichen werden. Dass dies Aufwendungen einer Gemeinde für Daseinsvorsorge gegenüber Bürgerinnen und Bürgern sind, die mit ihrer Arbeit und ihren Steuern alle gemeindlichen Leistungen finanziert haben oder finanzieren werden, gerät dabei in Vergessenheit.
Nun ist Sparsamkeit gut, wenn sie Sinn macht. Aus christlich-sozialer Kommunalpolitik wird aber, wie das Beispiel zeigt, schnell sinnlose Pfennigfuchserei. Kann sich Eching diese 10.000 € nun wirklich nicht mehr leisten, auch wenn daraus praktisch 40.000 € für soziale Aufgaben werden?
Zum ersten wären der Nutzen dieser Ausgaben für die Bürgerinnen und Bürger genau zu betrachten. Geld für den sozialen und kulturellen Bereich stiftet Nutzen, wenn Kinder, Jugendliche, Eltern, alte Leute unterstützt werden. Damit wird dem Gemeinwesen geholfen. Wenn der Schaden der Ausgaben von 10.000 € am Gemeindehaushalt aber so groß wäre, dass er den Nutzen überwöge - dann sollte man allerdings ganz andere Konsequenzen ziehen als die Ehrenamtlichen und das Team im ASZ/Mehrgenerationenhauses so in Frage zu stellen und die von den Aktivitäten unterstützten Bürgerinnen und Bürger im Regen stehen zu lassen. Dann sollte man in der Gemeinde den finanziellen Notstand ausrufen und dann ganz schnell und ganz gründlich daran gehen, alle – alle! - Posten, Einnahmen, Ausgaben, Investitionen, Planungen, Grundstückstransaktionen und Vermögensbestände der Gemeinde ganz genau anzuschauen und umfassend Rechenschaft abzugeben, wo in jedem einzelnen Fall gespart werden kann.
Nur darauf zu verweisen, dass es sich wieder um eine freiwillige Leistung handelt, wie dies im Artikel über die Gemeinderatssitzung steht, ist da viel zu billig und zu wenig. Warum? Bei „pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben“ (z. B. Bauleitplanung, Feuerschutz, Friedhöfe, Kindergärten und Horte u. v. m.) entscheiden Gemeinden, wie sie diese wahrnehmen; bei freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben (Gewerbeansiedlung, Verkehrswege, Musikschulen, Volkshochschulen, Altenpflege, Sportstätten u. v. m.) auch über das ob und wie. Man kann aber in beiden Fällen, beim ob und beim wie, Geld unnötig ausgeben oder sinnvoll ausgeben und damit auch sparen.
Eching hatte und hat bisher immer eine gute Tradition, die Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger wahrzunehmen. Wenn das anders werden sollte – dann sollte das offen gesagt werden und in einer breiten Diskussion im Gemeinderat und in der Bevölkerung behandelt werden.
Am Ende noch eine persönliche Bemerkung: Ich bin seit über 20 Jahren im Gemeinderat, aber solch frustrierende Diskussionen habe ich bis in letzter Zeit – Gott sei Dank - noch nicht erleben müssen.
Barbara Schefold (Gemeinderätin SPD)
 
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