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ORTSGESCHEHEN

Gemeinderätin 'baut' heimlich Doktorarbeit

Gemeinderätin

Über Monate war Sybille Schmidtchen zumeist unabkömmlich. Womit sie derart beschäftigt war, blieb freilich ganz geheime Kommandosache. 'Ich habe mir einen lange gehegten Wunsch erfüllt', erläutert sie. Gut 30 Jahre nach Ende ihres Studiums hat die Gemeinderätin und Lehrerin an der Echinger Hauptschule ihre Promotion nachgeholt. Mit der Aufgabenstellung 'Integrierte Schulsozialarbeit als Subsystem von Schulentwicklung; Theoretische Analyse zu systemischen Herausforderungen und empirische Befunde über Lehrereinstellungen' erwarb sie diese Woche an der Ludwig-Maximilians-Universität den Dr. phil. Am 16. Februar wird ihr die Promotionsurkunde ausgehändigt.
Nach ihrem Studienabschluss in Nordrhein-Westfalen hatte die Junglehrerin die Möglichkeit erhalten, bei der am Max-Planck-Institut Dortmund installierten 'Wissenschaftlichen Begleitung zur Gesamtschule' innerhalb von zwei Jahren bei vollem Gehalt zur Gesamtschulthematik zu promovieren. Die Gesamtschulen wurden damals in dem Bundesland gerade aufgebaut und Schmidtchen war als Lehramtsanfängerin voll in diesen Aufbau involviert gewesen.
Das Angebot scheiterte jedoch, weil der frisch angetraute Ehemann ein Angebot von der Universität in Berkeley/Californien erhielt. So zog die junge Familie für eineinhalb Jahre in die USA - und die limitierte Promotionschance war vertan. Ausgelassen aber hat Sybille Schmidtchen die Option nicht.
Durch die Tätigkeit als Praktikumslehrerin an der Hauptschule Eching ergab sich enger Kontakt zur Uni München - und daraus entwickelte sich 30 Jahre später die Idee, 'den immer latent in mir ruhenden Traum von der Promotion zu realisieren'. Oder, so fügt sie in Erinnerung an die Anfänge des Gedankens hinzu, 'es wenigstens zu versuchen...'
Im Wintersemester 1999 stieß sie über ihren 'Doktorvater' direkt ins Promotionsstudium. Erst ein Semester als Gasthörerin, 'um auszuprobieren, ob ich überhaupt noch mithalten konnte', dann eingeschrieben für ein notwendiges sechssemestriges Promotionsstudium. Zusätzlich abgefordert wurden ihr zwei 'entsetzliche', wie sie sagt, Hauptseminarscheine in Statistik mit der Note 2, weil sie mit nodrhein-westfälischem Abitur kein Latinum erworben hatte. Diese Anforderungen bestärkten sie in dem Plan, das ganze Projekt geheim zu halten. 'Ich wollte nicht vorher gackern und dann vielleicht keine Eier legen', sagt sie, 'für mich war es einfach noch einmal eine neue Herausforderung.'
Der empirische Teil der Doktorarbeit hielt sie dann nach dem dreijährigen Studium nochmal auf Trab. An drei Schulen begleitete sie insgesamt 30 Kollegen mit einem Abstand von einem bis eineinhalb Jahren und wertete diese Erkenntnisse mit Blick auf die Aufgabenstellung aus. 'Ein langwieriges Unterfangen', stöhnt Schmidtchen, so dass es insgesamt fünfeinhalb Jahre dauerte, bis nun die Promotion geschafft war.

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