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ORTSGESCHEHEN

Lesermail zum Artikel: 'Lebendige und chancenreiche Gemeinde'

Ich habe mir gerade das Wahlprogramm der Echinger Grünen (PDF-Datei) heruntergeladen und durchgelesen. In einem Punkt unterscheidet sich dieses von allen Wahlprogrammen der anderen politischen Mitstreiter in Eching: Die Grünen führen explizit das Thema "Reaktorsicherheit in Garching" auf und verlangen die regelmäßige Veröffentlichung von Reaktormessdaten (gemeint sind wohl die Strahlenwerte des Forschungsreaktors FRM-2 "Heinz Meier-Leibnitz"; das alte "Atomei" (FRM-1) wurde bekanntlich im Jahr 2000 ausser Betrieb genommen).
Beim neuen Forschungsreaktor FRM-2 sehe ich tatsächlich dringenden Handlungs- und Informationsbedarf für die Öffentlichkeit: Das Reaktorbecken rostet, obwohl es komplett aus eigentlich rostbeständigem Edelstahl gefertigt wurde. Dieser für kerntechnische Anlagen atypische Zustand trat schon kurz nach der Inbetriebnahme im Jahr 2004 auf.
Weil die damalige Reaktorleitung keine schlüssige Erklärung für die starke bräunliche Verfärbung im Reaktorbecken hatte, wurde 2006 die Bundesanstalt für Materialforschung und -Prüfung (kurz: BAM) gutachterlich beauftragt, die Ursache zu finden und Lösungsvorschläge zur Abhilfe zu machen. Hier das BAM-Gutachten vom 01.03.2007: Ergebnis: Es wurde festgestellt, dass ungeeignete, vermindert korrosionsbeständige Edelstähle (sog. "Chrom-Nickel"-Stähle) verbaut wurden (Seite 16). Und dass es sich tatsächlich um Korrosion (Eisen- und Chrom-Oxide) handelt.
Empfehlung der BAM: Austausch der betroffenen Komponenten gegen solche aus korrosionsbeständigerem Material (mit dem zusätzlichen Legierungselement Molybdän). Die Empfehlungen der BAM (Austausch) wurden leider bis heute nicht umgesetzt.
Und das für Atomaufsicht in Bayern zuständige und verantwortliche Umweltministerium (Leitung: Dr. Marcel Huber, CSU) hält den atypischen Betriebszustand für normal und vertretbar. Ich hatte mit einem hochrangigen Mitarbeiter des bayr. Umweltministeriums von der Abteilung "Reaktorsicherheit" (Abt. 9) schon mehrfach Schriftverkehr. Leider ohne vernünftiges, greifbares Ergebnis (Grundproblem: im bayr. Umweltmisterium scheint niemand auch nur rudimentäre werkstofftechnische Kenntnisse zu haben).
Eines ist jedoch unbestreitbar: Es gibt in Deutschland keine andere kerntechnische Anlage (egal, ob Forschungs- oder Leistungsreaktor), die ähnliche starke Korrosion im Reaktorbecken aufweist wie der FRM-2 in Gaching. Zur Beruhigung: Zu einer Kernschmelze a la Tschernobyl oder Fukushima kann es in Garching physikalisch bedingt niemals kommen (den Vortrag über das Warum will ich den Lesern der "echinger.zeitung.de" hier ersparen. Nur soviel: das hat etwas mit Thermodynamik zu tun), wohl aber zu Störungen im Reaktorbetrieb, die letztendlich der bayerische Steuerzahler zu bezahlen hat (der FRM-2 wird von der Technischen Universität München (TUM) betrieben).
Übrigens: Es gab tatsächlich schon meldepflichtige Ereignisse wegen Korrosionsschäden beim FRM-2, die der Veröffentlichungspflicht durch das bayr. Umweltministerium unterliegen (z.B. wegen korrodierter Wellenbuchsen). Ich sehe die Forderung der Echinger Grünen nach Transparenz beim FRM-2 als sachlich begründet, zumal der Betreiber, die TUM, bisher "mauert", wo sie nur kann.
Na ja, vielleicht hilft es ja, wenn Bürgermeister Riemensberger einmal seinen CSU-Parteifreund Dr. Florian Herrmann (Mitglied des bayr. Landtags) aus Freising "ins Gebet" nimmt, damit alles getan wird, damit der Garchinger Reaktor langfristig sicher(er) wird. Florian Herrmann dürfte zum obersten Chef des FRM-2 einen recht guten Draht haben: Der Präsident der TUM ist sein Vater Prof. Dr. Dr. h.c.(mult.) Wolfgang A. Herrmann und ist in Personalunion oberster Verantwortlicher des FRM-2 lt. Strahlenschutzverordnung.
Zur Erklärung: Der FRM-2 liegt knapp ausserhalb des Wahlkreises von Florian Herrmann und befindet sich ca. 1500 Meter Luftlinie von Dietersheim entfernt. Es wäre sicherlich nicht verkehrt, wenn sich tatsächlich da bald in Sachen Sicherheit (durch Maßnahmen gegen die fortschreitende Korrosion im Reaktorbecken) etwas tut. Und die von den Grünen geforderte Veröffentlichung von (Strahlen-)Messdaten auf der Homepage der Gemeinde Eching ist sicherlich auch nicht verkehrt (wenn auch bis dato gesetzlich nicht vorgeschrieben). Verantwortliche Politik ist m.E. mehr als nur gescheite Reden zu Wahlkampfzeiten. Nicht nur auf Kommunalebene.
Guido Langenstück
 
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